Mut zum Schweigen! Richtiges Verhalten in der Hauptverhandlung

Tim Wullbrandt - Anwalt für Strafrecht in Heidelberg

Zu Beginn einer jeden Gerichtsverhandlung in Strafsachen steht eine ganz wichtige Entscheidung des Angeklagten und seiner Verteidigung an: Macht man (geständige) Angaben zur Sache oder schweigt man. Gerade bei Gerichtsverhandlungen wegen Körperverletzungen mit mehreren Beteiligten lohnt es sich oft, keine Angaben zur Sache zu machen.

Verhandlung wegen Körperverletzung – Schweigen lohnt sich oft

Oft ist aus den Ermittlungsakten ersichtlich, dass die Tat durch Zeugen und sonstige Beweise einwandfrei nachweisbar ist und es mit höchster Wahrscheinlichkeit zu einer Verurteilung kommen wird. In diesen Fällen ist es oft lohnenswert, sich gleich zu Beginn eines Prozesses geständig einzulassen, um den dadurch entstehenden Bonus zu erlangen. Gerade aber, wenn es um eine (gefährliche) Körperverletzung mit mehreren Beteiligten Tätern und einer Vielzahl von Zeugen geht kann es lohnenswert sein, sich zuerst einmal garnicht zur Sache einzulassen und die Vernehmung der einzelnen Zeugen abzuwarten.

Viele Zeugen = viele Wahrheiten

Zeugen sind im Strafverfahren oft das wichtigste – aber auch gleichzeitig das unsicherste Beweismittel. Denn nichts ist so fehleranfällig wie ein Zeuge und seine Aussage. Individuelle Wahrnehmung, individueller Horizont, kognitive Fähigkeiten, äußere Einflüsse, Gespräche mit Dritten und viele weitere Einflüsse lassen verschiedene Personen einen Vorgang oft anders wahrnehmen und wiedergeben. Um so mehr natürlich, wenn der beobachtete Sachverhalt unter widrigen Umständen stattfand – also etwa nachts oder eben bei Schlägereien mit mehreren Beteiligten „im Pulk“.

Bei Verhandlungen wegen Körperverletzungen erlebt man es oft, dass im Verlauf der Verhandlung Zeugen vernommen werden, die wesentliche Geschehensabläufe unterschiedlich schildern oder (für den Verteidiger im besten Fall) den angeklagten Täter gar nicht mehr wieder erkennen. Diese Fälle sind für die Verteidigung äußerst ärgerlich – wenn man zu Beginn der Verhandlung bereits ein Geständnis abgelegt hat und dann feststellen muss, dass es ohne das Geständnis zu einem Freispruch gekommen wäre.

Vorschnelles Geständnis als einziger Tatnachweis

Hier gilt es also, bereits im Vorfeld anhand der Ermittlungsakten abzuwägen, welche Zeugen präsent sind und wie „gut“ diese Zeugen wohl sein werden. So lässt sich meist bereits vor der Verhandlung erahnen, ob die Zeugen voraussichtlich die gesamte Anklage tragen werden oder ob es eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür gibt, dass die genannten Zeugen einzelnen Tatumstände nicht stimmig schildern, den oder die Angeklagten nicht wieder erkennen (was gerade dann, wenn zwischen Tat und Verhandlung ein langer Zeitraum liegt) oder am Ende garnicht erscheinen und sich so Ansätze für die Verteidigung bilden. So kann es bereits einen gewaltigen Unterschied machen, ob die Zeugen mit Sicherheit sagen, dass ein Schlagring im Spiel war (dann gefährliche Körperverletzung mit einer Mindeststrafe von 6 Monaten), oder ob die Zeugen das eben nicht einheitlich bestätigen können (dann einfache Körperverletzung ohne Mindeststrafe).

Entscheidung zum Schweigen erfordert Mut von Mandant und Verteidiger

Die Entscheidung, sich schweigend zu verteidigen, erfordert vom Angeklagten und seinem Verteidiger erst einmal eine Portion Mut, da man sich damit zunächst einmal des Wohlwollens, welches ein Gericht dem frühen Geständnis entgegenbringt, beraubt. Dies gilt um so mehr, als einem Angeklagten insbesondere seitens der Staatsanwaltschaft immer suggeriert wird, dass er ja nur durch ein Geständnis etwas gutes für sich tun könne, da die Beweislage ja klar sei. In vielen Fällen ist das aber nicht so – es lohnt sich öfter als gedacht, eine volle Beweisaufnahme durchzuführen und „hoch zu pokern“, denn nunr so lässt sich ein Jackpot gewinnen.

Ob es sich im Einzelfall tatsächlich lohnt muss sorgfältig abgewogen werden. Hierfür stehen wir Ihnen als Strafverteidiger jederzeit sehr gerne zur Verfügung.

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